Österreichs Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka heißt den Marsch des Lebens willkommen

Die jährlich stattfindende Marsch des Lebens Konferenz war trotz des Lockdowns nicht aufzuhalten. „United to be a Light – Jetzt erst Recht!“ lautete der Konferenztitel. Und tatsächlich – so international und vernetzt wie in diesem Jahr war die Marsch des Lebens Konferenz noch nie. Etwa 5000 Teilnehmer waren aus mehr als 30 Nationen zugeschaltet – darunter zahlreiche Holocaustüberlebende.

Am Freitagnachmittag kamen die 150 Länder-Direktoren und Marsch des Lebens Organisatoren aus 24 Ländern in einem großen Zoom-Meeting zusammen, um einen Blick auf das vergangene Jahr zu richten, vor allem jedoch, um in die Planung für 2021 einzusteigen. Mit einem visionären Einstiegsinput ermutigte Marsch des Lebens Gründer Jobst Bittner die Teilnehmer, trotz der Beschränkungen aktiv zu werden, so wie es die lokalen Verordnungen zulassen.

Am Samstagnachmittag begann dann der offizielle Teil der Konferenz mit vielfältigen Kurzvorträgen, die sowohl die Geschichte als auch aktuellste gesellschaftliche Fragen thematisierten. Ein zentraler Punkt ist die Reaktion auf die weltweite Zunahme antisemitischer Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit Corona. Antisemitismus kenne keine Impfung, betonte Jobst Bittner in seiner Eröffnungsrede.  Wenn in den öffentlichen Verkehrsmitteln Berlins offen antisemitische Flyer auslägen, sei dringender Handlungsbedarf: „Wer Verantwortung für die Zukunft nehmen möchte, darf sich nicht von der Lethargie des Lockdowns gefangen nehmen lassen.“

Dr. Boris Zabarko, Holocaustüberlebender und Historiker, richtete in seinem Vortrag einen vertiefenden Blick auf den Überfall der deutschen Wehrmacht auf die damalige Sowjetunion und die damit verbundene Vernichtung der jüdischen Gemeinschaften in der Ukraine. 2,7 Millionen Juden lebten 1941 dort, von denen 98 Prozent in ihren Dörfern vor den Augen ihrer Nachbarn und Freunde durch die Einsatzgruppen in Massenerschießungen ermordet wurden. Die Schlucht Babyn Jar in Kiew ist der Inbegriff der Entgrenzung des Holocaust. Innerhalb von nur zwei Tagen wurden dort mehr als 33.000 Juden unter der Verantwortung des Heeres der Wehrmacht erschossen.

Die Verbrechen der Wehrmacht im Ostfeldzug liegen noch immer unter einer Decke des Schweigens, bei der die Täter zu Opfern umgedeutet werden. Doch jedes Land hat seine eigene historische Verantwortung und auch Schuld, der es sich zu stellen gilt. Verleugnung und Verdrängung ist dabei das gemeinsame Kennzeichen. Jobst Bittner gab in seinem Vortrag die universalen Schlüssel weiter, mit denen jede Nation ihre Decke des Schweigens zerbrechen kann.

Michel Gourary, Europäischer Direktor des March of the Living, berichtete sehr persönlich, was ihn motiviert, für die Erinnerung und für Israel aktiv zu sein. Nachdem er in verschiedenen Konzentrationslagern gefangen gewesen war, wurde Gourarys Großvater auf dem Todesmarsch von Flossenbürg nach Dachau am Straßenrand erschossen. Er war Anhänger des Zionisten Zeev Jabotinsky gewesen, der sich für die Selbstverteidigung der Juden aussprach. Alexander Gourary, Michels Vater, war Teil der zionistischen Jugendorganisation Beitar und ging zur paramilitärischen Ausbildung nach Belgien, wo er 1943 von der Gestapo gefangen genommen wurde. „Mein Vater hat Kerzen ins Gefängnis geschmuggelt und eine Chanukkia gebaut, um den Gefangenen Hoffnung zu geben. Deshalb hat es für mich eine persönliche Bedeutung, dass eure Bewegung mit dem Anzünden der Chanukkia begonnen hat“, sagt Gourary.

Auch der Sekretär des Verbandes jüdischer Gemeinden in Tschechien, Dr. Tomáš Kraus, erzählte die Geschichte seiner Eltern, die beide Überlebende der Schoa waren und sehr verschieden mit dieser Erfahrung umgingen. Sein Vater war vor dem Krieg ein sehr bekannter Journalist, der kritisch über die Nationalsozialisten berichtete und deshalb zunächst nach Theresienstadt und später nach Auschwitz gebracht wurde. Nach Kriegsende kehrte er nach Prag zurück und schrieb über seine Erlebnisse in Auschwitz. Kraus‘ Mutter dagegen repräsentiere die Mehrzahl der Überlebenden: Sie sprächen nicht über das Erlebte und ihre verlorenen Familien. Am Ende appellierte Kraus an die Teilnehmer der Konferenz, sich nicht mit der Isolation durch Corona zu arrangieren: „Wenn es wieder geht – kommt und besucht uns! Doch während der Krise lasst uns austauschen. Das Schlimmste ist, in eine Ghetto-Mentalität zu verfallen.“

Der öffentliche Abend zu Ehren Israels war ein weiterer Höhepunkt der Konferenz, der parallel in sechs Sprachen übersetzt wurde. Dr. Thomas Feist, Beauftragter für jüdisches Leben des Freistaat Sachsen, sprach über das Festjahr „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“. „Wenn wir dieses Jahr dazu nutzen, dass Christen und Juden näher zusammenrücken und versuchen, vorhandene Wunden zu heilen, dann wäre das ein Gewinn nicht nur für Deutschland, sondern die ganze Welt.“, betonte Freist. Der Marsch des Lebens tue die richtigen persönlichen und praktischen Schritte dazu, angefangen bei Bekenntnis der Schuld und der Bitte um Vergebung.

Ehrengast des Abends war die Holocaustüberlebende Ruth Steinfeld aus Houston, deren Familie aus Ladenburg bei Mannheim stammt. Sie erzählte, wie schwer es ihr gefallen war, über ihre Erlebnisse zu sprechen und sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Doch beim Besuch ihres ehemaligen Elternhauses 1981 konnte sie den Deutschen vergeben und Frieden mit ihrer Geschichte schließen, was ihr Leben für immer veränderte. Ihr zu Ehren wurde ein Theaterstück aus ihrer Biografie „Forgive But Never Forget“ aufgeführt, bei dem Tänzer vor dem Haus in Ladenburg tanzten.

Mit der Konferenz wurde zudem das Motto der Märsche und Events rund um den jüdischen Holocaustgedenktag Jom haSchoa im April vorgestellt: „United to be a light! Gemeinsam für eine bessere Zukunft ohne Antisemitismus und Judenhass“. Das Programm umfasst lokale Events mit der Lesung der Namen der Holocaustopfer, eine gemeinsame internationale Online-Konferenz und, je nach Corona-Verordnungen, größere oder kleinere Märsche.

Auch Sie können mit Ihrer Stadt ganz einfach am Programm rund um Jom haSchoa teilnehmen.
Mehr Informationen dazu finden Sie hier auf unserer Homepage.

Abend zu Ehren Israels: http://bit.ly/MDL_13221

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