Wenn die Stimme der Erinnerung zur mächtigen Stimme gegen Antisemitismus wird

Vom 15.2. bis 17.2.2019 kamen Organisatoren, Koordinatoren und Unterstützer des Marsch des Lebens aus 20 Nationen zur 4. Internationalen Marsch des Lebens Konferenz in Tübingen zusammen.

„Es ist, als wären wir über Jahrhunderte von zwei Seiten auf einen Berg gestiegen und jetzt kommt die Zeit, in der wir uns durch den Marsch des Lebens als Juden und Christen auf der Spitze begegnen“, erklärte der Direktor des Knesset Christian Allies Caucus, Josh Reinstein, bei einem Frühstücksempfang der etwa 90 internationalen Marsch des Lebens Organisatoren.

Die dreitägige Konferenz war eine Ermutigung an jeden Einzelnen, seine Stimme zu erheben und Licht zu sein, sei es im persönlichen Umfeld oder öffentlich auf der Straße bei Märschen des Lebens auf der ganzen Welt.

Organisatoren der verschiedenen Märsche berichteten über ihre Erfahrungen und wie der Marsch des Lebens eine Antwort auf den Rechtsruck in der Gesellschaft ist, auf den Politiker händeringend Antworten suchen. Edward Cwierz, der in Polen eine besondere Stimme für Erinnerung und Aufarbeitung ist, bestärkte am Samstagmorgen die Konferenzteilnehmer: „Das Leben ist zu kurz, um Angst zu haben und an derselben Stelle sitzen zu bleiben!“

In einem bewegenden Vortrag über die verschiedenen Stimmen der Erinnerung erzählte Shaya Ben Yehuda, Direktor der Abteilung Internationale Beziehungen in Yad Vashem, am Sonntagmorgen von seiner eigenen Familie. Sein Vater habe bis zu seinem Tod nichts über seine Erlebnisse erzählen können. Auf Nachfragen habe er nur mit Tränen reagiert. Er war eine der vielen „stummen Stimmen“ der Überlebenden. Ben Yehudas Mutter Chava dagegen erzählte von ihren Erfahrungen als Jüdin in Breslau – „Meine Mutter hat uns als Kinder eingeschärft, dass wir uns Freunde suchen müssen. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, Freunde zu finden. Aber durch euch – Jobst und Charlotte und euch alle hier – habe ich viele Freunde gefunden!“

Zu Freunden wurden auch der Holocaustüberlebende Dr. Arie Itamar, der am Freitag- und Samstagabend seine Lebensgeschichte erzählte, und Itzak Rosman, Vorsitzender der Gesellschaft zur Erinnerung an die Exodus 1947. In Odessa geboren, einer Stadt voll blühendem jüdischem Leben in der Ukraine, musste Arie Itamar beim Einmarsch der Deutschen auf riskantem Weg mit seiner Großmutter ins zentralasiatische Tadschikistan fliehen. Sein Vater fiel bei der Schlacht um Moskau. Die Familie schloss sich nach Kriegsende der Fluchtbewegung nach Eretz Israel an und bestieg so im Juni 1947 das Flüchtlingsschiff Exodus, dessen Scheitern schlussendlich zur Gründung des Staates Israel im Mai 1948 führte.

Die Grundlage für eine hörbare, authentische Stimme der Erinnerung sei die Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte und der Schuld der Christen zur Zeit des Nationalsozialismus, betonte Jobst Bittner, Gründer und Präsident der Marsch des Lebens Bewegung. In seinen Vorträgen zeigte er anhand konkreter Beispiele auf, wie die Reaktion der Kirche damals auf den Nationalsozialismus den Weg für die Schoa bahnte und was die Folgen bis heute sind. Sehr eindrücklich erzählten zwei Familien, wie sich die Decke des Schweigens über die Schuldverwicklungen der eigenen Familie im Leben der nächsten beiden Generationen ausgewirkt hatte. Ihre Aufarbeitung veränderte ihre Herzen gegenüber dem jüdischen Volk und ist die Motivation, heute mit dem Marsch des Lebens gegen Antisemitismus und Israelhass aufzustehen.

Welche Auswirkung das hat, sprach am Ende der Konferenz der jüdische Deutschrapper Ben Salomo aus: „Ich habe schon oft überlegt, aufgrund des Antisemitismus in Deutschland wieder nach Israel zu gehen. Aber wie sich der Marsch des Lebens gegen Antisemitismus einsetzt, stimmt mich hoffnungsvoll für die Zukunft.“
Jede Stimme und jeder Marsch macht den Unterschied – United to be a Light!

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