Mehrere Tausend Menschen kommen seit dem Jubiläumsjahr 2018 jährlich zum March of the Nations von überall her nach Israel, um Freundschaft und Solidarität mit dem jüdischen Staat zu zeigen. Durch das verheerende Massaker vom 7. Oktober und den andauernden Krieg war nicht klar, ob die Veranstaltung 2024 würde stattfinden können. Doch der Tübinger Verein Marsch des Lebens e.V. sowie 300 Teilnehmer aus 23 Nationen sagten: “Jetzt erst Recht!” Die ein oder andere Veranstaltung musste schließlich aus Sicherheitsgründen eingeschränkt stattfinden. Abgesagt wurde keine.
In den Wochen zuvor organisierte die Marsch des Lebens Bewegung unter dem Motto “Am Israel Chai” Märsche in 100 Städten in 24 Nationen. “Wir konnten Zehntausende mobilisieren”, sagte Jobst Bittner, der Gründer und Präsident des Marsch des Lebens. “Und Millionen haben wir über die Medien erreicht.” Viele der Veranstalter aus den Nationen versammelten sich nun am 26. Mai zum Auftakt einer Konferenz im historischen Gebäudekomplex Gerard Behar in Jerusalem – dort, wo 1961 der Prozess gegen Adolf Eichmann stattfand.
Eichmann versteckte sich bei seinem Prozess hinter einer Maske der Harmlosigkeit, der Normalität, erklärte Bittner. “Damit repräsentierte er Millionen Deutsche, die mit ihrer Schuld genauso umgingen. Wir sind hier als Nachkommen dieser Täter, um das Schweigen zu brechen.”Bei der Auftaktveranstaltung sprach Hanan Dann, ein Überlebender des Massakers in Kfar Aza. Der Kibbuz sei ein Paradies gewesen, erzählt er, abgesehen von den Raketen, an die sich die Bewohner gewöhnt hatten. “In diesem Paradies schliefen wir am 6. Oktober ein und wachten in der Hölle auf.” Hanan berichtet von einem Gefühl bodenloser Hilflosigkeit, als er die Hilferufe seines Nachbarn hörte, der verzweifelt versuchte, sein zweijähriges Kind und seine schwangere Frau zu schützen. Als Hanans Familie nach 20 Stunden endlich gerettet wurde, mussten sie ihren zwei kleinen Kindern die Augen zuhalten, damit sie die Bilder von Tod und Zerstörung in ihrem Kibbuz nicht sahen. Hanan ist ein Mann, dem man ansieht, dass er nicht mehr lachen kann. Die Begegnung mit der Marsch des Lebens Bewegung ist für ihn ein Hoffnungsschimmer. Davon zu hören, sei eine lebensverändernde Erfahrung gewesen. “Ich habe wunderbare Leute kennengelernt und kann wieder zaghaft optimistisch sein”, sagte er.
Am Abschluss der Konferenz am Montagabend stand eine Galaveranstaltung, zu der auch 200 Israelis kamen. 40 Schauspieler und Sänger aus Süddeutschland, darunter 10 Kinder, hatten in den Monaten zuvor ein bewegendes Musical geprobt. Das Stück “Exodus 1947” handelt von der schwierigen Reise europäischer Holocaustüberlebender per Schiff in das britische Protektorat Palästina – nach Eretz Israel. Es zeigt die traumatischen Folgen von vernichtendem Antisemitismus, aber auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Zwei ehemalige Passagiere der Exodus, Arye Itamar und Schlomo Hameiri waren bei der Vorstellung zugegen. Ihre persönlichen Geschichten wurden von einzelnen Darstellern nachgespielt. Schlomo, der als 13-jähriger Waisenjunge auf der Exodus war, weinte Tränen der Rührung, als er im Musical seine eigene Bar Mitzwa sah – gespielt von einem Nachfahren eines Wehrmachtsoffiziers. Das bewegende Programm wird dauerhaft online verfügbar sein.
Am Dienstagmorgen verteilten sich die Teilnehmer auf Busse und fuhren von Jerusalem in die Städte Ashkelon, Be’er Sheva, Netanya, Tiberias und Zichron Yaakov. Dort wuchs ihre Zahl um insgesamt etwa 700 Israelis, die zuvor zu den Märschen eingeladen worden waren oder sich spontan anschlossen. Aus den Straßencafes jubelten Israelis dem offensichtlichen Solidaritätszug zu. Aus vorbeifahrenden Autos winkten die Fahrer.
In den Städten fanden Treffen mit Holocaustüberlebenden, ehemaligen Geiseln und Angehörigen von Geiseln statt, die noch immer im Gazastreifen festgehalten werden. Bei jeder Veranstaltung sangen die Nachfahren der Täter hebräische Lieder und erzählten die Geschichten ihrer Vorfahren. “Es ist für mich nicht leicht, dass zu hören”, gestand ein Holocaustüberlebender in Aschkelon. “Aber danke, dass ihr das macht!” Zwei israelische Teenager drängelten sich nach vorne, um der Presse ein Interview zu geben: “Das ist krass, dass die kommen, obwohl hier Krieg ist”, sagten sie in Hörweite der Artilleriegefechte.
Auch ein Sanitäter, der am 7. Oktober Leichen und Verletzte aus dem Kampfgebiet bergen musste, erzählte seine Geschichte in Aschkelon. “Wir werden weiter für Israel kämpfen”, sagte er zum Schluss. “Denn wir haben kein anderes Land, in das wir gehen könnten.” Dasselbe formulierte in Be’er Sheva ein Mann, dessen jüngster Bruder beim Kampf in Khan Younis getötet wurde: “Kommt ihr nächstes Jahr wieder? Wir werden hier sein. Wir können nirgendwo anders hin.”
Tausende Israelis hörten auf den Straßen den lauten Ruf: “Israel, du bist nicht allein, du hast Freunde in den Nationen, du bist von Gott geliebt!” Weitere werden über Medienberichte davon hören. In einer Zeit scheinbarer Verlassenheit und Aussichtslosigkeit hat der Marsch der Nationen Ermutigung, Hoffnung und Wahrheit nach Israel gebracht: Am Israel Chai – Das Volk Israel lebt!
Hier sind einige Zeitungsartikel und News aus Israel:
https://www.ynet.co.il/news/article/rkwgkbue0
https://blogs.timesofisrael.com/ten-meters-from-eichmann/
https://news.walla.co.il/item/3667348