Gemeinsam für eine bessere Zukunft ohne Antisemitismus und Judenhass
Anlässlich des jüdisch-israelischen Holocaustgedenktages Jom haSchoa veranstaltete der Marsch des Lebens im April mit der Botschaft „Gemeinsam für eine bessere Zukunft ohne Antisemitismus und Judenhass“ weltweit in Kooperation mit Yad Vashem Namenslesungen, Gedenkveranstaltungen und Märsche an über 100 Orten in 25 Nationen.
In Berlin wurde am 14. April zusammen mit elf Bundestagsabgeordneten von 13:00 Uhr bis 17:30 Uhr eine Namenslesung der Holocaust-Opfern vor dem Paul-Löbe Haus durchgeführt. Das Besondere und Persönliche dabei war, dass jeder Abgeordnete die Namen von Opfern aus dem eigenen Wahlkreis verlas. Die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (DIE LINKE) machte den Anfang und betonte die Wichtigkeit der Lesung. Martin Patzelt (CDU) sagte: „Ich wurde 1947 in Frankfurt/Oder geboren. Den Großteil der Menschen, die ermordet wurden, hätte ich noch kennen lernen können.“ Weiter verlasen die MdBs von CDU Rüdiger Kruse, Steffen Bilger, Alexander Krauß, Albert Stegemann, von DIE LINKE Ulla Jelpke, Dr. Gregor Gysi, von SPD Siemtje Möller, Prof. Dr. Lars Castellucci und Leni Breymaier.
Ein Marsch des Lebens startete um 17:00 Uhr am Denkmal für die ermordeten Juden. Der Marsch führte, vorbei am Reichstag, zum Paul-Löbe Haus, wo um 17:30 Uhr eine Gedenkveranstaltung stattfand. Dabei resümierte Rüdiger Kruse (CDU): „Wenn ich durch die Straßen von Hamburg gehe, treffe ich auf Stolpersteine. Also auch dort werde ich unmittelbar an das, was in Deutschland, was in meiner Heimatstadt passiert ist, erinnert. Und dieses Erinnern ändert nichts daran, wir können uns nicht unserer Schuld entledigen. Was wir tun können, ist die Gegenwart und Zukunft gestalten. Eine diskriminierungsfreie Gesellschaft kann es nur geben, wenn die schreckliche, riesengroße Last des Antisemitismus komplett verschwindet. Und wenn jüdische Einrichtungen durchgehend polizeilichen Schutz brauchen, dann weiß ich, dass wir nicht am Ziel sind.“ Marsch des Lebens Gründer Jobst Bittner betonte die Notwendigkeit, gerade in der Zeit der Pandemie nicht zu Antisemitismus schweigen: „Beleidigungen und Diffamierungen gehören in den sozialen Medien inzwischen zur Tagesordnung. Antijüdische Verschwörungstheorien, Holocaustrelativierung und Antizionimus begegnen uns als weitere Formen des jahrhundertealten Judenhasses. Deswegen erheben wir als Marsch des Lebens Bewegung gemeinsam unsere Stimme für eine bessere Zukunft ohne Antisemitismus!“ Josias Terschüren von der Initiative 27. Januar warnte in seiner Rede vor allem vor der Bedrohung Israels durch das iranische Regime. „Der moralische Wert eines „Nie wieder“ hängt von den Konsequenzen ab, die wir heute ziehen.“, sagte er in Richtung der deutschen Außenpolitik. Die Holocaustüberlebende und Leiterin der Berliner Gruppe von „Phoenix aus der Asche“ Assia Gorban berichtete von ihren Erlebnissen als Kind im KZ und dem Verlust von Familienmitgliedern. Sie bedankte sich für die jahrelange Freundschaft mit dem Marsch des Lebens und dessen Engagement. Der Berliner Kantor Arie Zaloshinsky trug nach dem Entzünden von sechs Kerzen zum Gedenken der sechs Millionen Opfer das Gebet „El Male Rachamim“ vor. Zum Abschluss wurde die israelische Nationalhymne Hatikva gesungen, auch wegen der Feiertage Jom haZikaron (Gedenken an die gefallenen Soldaten) und Jom haAtzma’ut (Unabhängigkeitstag).
Im Aufruf zur Veranstaltung schreibt der Marsch des Lebens: „Durch die Corona-Pandemie stehen wir in einem der größten gesellschaftlichen Umbrüche weltweit. Verschwörungstheorien und Hass auf der Straße und im Internet erleben massiv Aufwind. Damit einher geht eine erschreckende Explosion von Antisemitismus in seinen unterschiedlichsten Formen. Jüdinnen und Juden in vielen Ländern fühlen sich nicht mehr sicher. Werden wir unsere kollektive Verantwortung wahrnehmen? Werden wir die Lethargie des inneren Lockdowns überwinden? Werden wir an Jom haSchoa für Erinnerung und Versöhnung einstehen und öffentlich unsere Stimme in Freundschaft zu Israel und den jüdischen Gemeinden weltweit erheben?“
Während der gesamten Aktion fanden an mehr als 100 Orten weltweit Namenslesungen, öffentliche Veranstaltungen und teilweise auch Märsche unter Beachtung der lokalen Coronaregeln statt. Bereits am Abend des 8.April fand als zentrale Veranstaltung der Aktion eine jüdisch-christliche Online-Gedenkveranstaltung statt. Der frühere Oberrabbiner Israels und Holocaustüberlebende und Vorsitzende des Rates von Yad Vashem Israel Meir Lau sowie die Knessetabgeordnete und Vorsitzende des Christian Allies Caucus Sharren Haskel führten die Veranstaltung mit einem Grußwort ein. Rabbi Israel Meir Lau sagte: „Unsere Pflicht für die kommenden Generationen ist, dass wir nicht vergessen. In der jüdischen Tradition ist das Erinnern sogar ein Gebot. Es ist eine heilige Aufgabe, die ihr beim Marsch des Lebens übernommen habt – deshalb ermutigen wir Euch und schätzen Eure Arbeit sehr!“ Nach der bewegenden Geschichte der Holocaustüberlebenden Helena Weinrauch, gaben deutsche und israelische Künstler der Botschaft „Gemeinsam für eine bessere Zukunft“ einen lebendigen Ausdruck. Friedhelm Chmell, dessen Großvater an der Deportation von Juden beteiligt war, sang gemeinsam mit dem israelischen Sänger Yair Levi dessen Lied „Refa Na – Heile sie“. Der jüdische Deutsch-Rapper Ben Salomo und Rapper Samuel Haas verarbeiteten ihre Familiengeschichten in sehr persönlichen Songs und erzählten im Rahmen der Online-Gedenkveranstaltung über deren Entstehungsgeschichte, bevor sie diese live performten.
Die Online-Konferenz sowie weitere Informationen zur Aktion „Gemeinsam für eine bessere Zukunft ohne Antisemitismus und Judenhass“ finden sich auf der Webseite www.marschdeslebens.org/jomhaschoa/.
Über den Marsch des Lebens:
Der Marsch des Lebens ist eine Initiative von Jobst und Charlotte Bittner und den evangelisch-freikirchlichen TOS Diensten aus Tübingen in Deutschland. Gemeinsam mit Nachkommen deutscher Wehrmachts-, Polizei- und SS-Angehöriger veranstalten sie Gedenk- und Versöhnungsmärsche an Orten des Holocaust in Europa und weltweit.
Seit dem Beginn der Bewegung im Jahr 2007 haben bisher Märsche in mehr als 20 Nationen und über 400 Städten und Ortschaften stattgefunden – in Zusammenarbeit mit Christen der unterschiedlichsten Kirchen und Denominationen sowie vieler jüdischer Gemeinschaften.
Der Marsch des Lebens verbindet die persönliche Aufarbeitung der Geschichte mit einer öffentlichen Stimme gegen heutigen Antisemitismus in Freundschaft mit Israel:
- Erinnern
Aufarbeitung der Vergangenheit, Holocaustüberlebenden eine Stimme geben. - Versöhnen
Heilung und Wiederherstellung zwischen den Nachkommen der Täter- und Opfergeneration. - Ein Zeichen setzen
für Israel und gegen den modernen Antisemitismus.
Auswahl von Medienberichten über aktuelle Märsche des Lebens zu Jom haSchoa:
https://www.vkz.de/lokales/vaihingen/gedenken-aller-opfer-am-volkstrauertag/
https://www.shn.ch/region/stadt/2021-04-12/marsch-des-lebens-in-der-schaffhauser-altstadt
https://photobelta.by/ru/photos?rubric_id=&theme_id=75082&id=519502&page=1
https://progressive-video.ynet.co.il/0421/bd2d7d5db50ce5dd39d162b950f254af-hd720.mp4
Kontakt:
Heinz Reuss
heinz.reuss@marschdeslebens.org
Hannes-Christoph Buchmann