March of the Nations 2023: Israel, du bist nicht allein!

Mehr als 1500 Teilnehmer feierten am 16. Mai auf den Straßen Jerusalems das 75jährige Bestehen des Staates Israels. Unter dem Motto „Mi Shoah le Tkuma“ zeigten die Vertreter aus 30 Nationen ihre Freundschaft zu Israel und stellten sich gegen das Schweigen über Antisemitismus. Unter ihnen waren viele Nachkommen von Nazitätern.

Der March of the Nations startete am Sacher Park und führte durchs nördliche Jerusalem zum Safra Square gegenüber dem Rathaus. Angeführt wurde er von den Holocaustüberlebenden aus Israel Arye Itamar und Gita Koifman sowie von zwei Nachkommen von Nazitätern aus Deutschland Lisa Besteck und Anna-Suzette Pfeiffer. Die Teilnehmer trugen T-Shirts und Luftballons in blau-weiß. Außerdem führten sie Israelflaggen und Flaggen der Länder sowie die Namen der Städte mit sich, in denen in diesem Jahr bereits Märsche des Lebens stattgefunden haben. Viele Jerusalemer Bürger begrüßten mit Freude den Marsch in ihrer Stadt: Menschen winkten von ihren Balkonen und beobachteten das Tanzen auf der Straße.

Der Präsident und Gründer der Marsch des Lebens Bewegung Jobst Bittner sagte bei der Abschlussveranstaltug auf dem Safra-Platz vor dem Rathaus: “Die Gründung des Staates Israel ist eines der größten Wunder unserer Zeit.” Gleichwohl befinde sich das Land mitten in einer seiner größten Krisen und sei fast täglich Angriffen ausgesetzt. “Israel, wir stehen zu dir! Israel, du bist nicht allein!” Das sei die Botschaft der Teilnehmer am Marsch der Nationen. 

Israels Präsident Isaac Herzog hat den Marsch im Vorfeld in einem Schreiben willkommen geheißen und unterstrich dabei die „unerschütterliche moralische Unterstützung für unseren Nationalstaat“. Die stellvertretende Bürgermeisterin von Jerusalem, Fleur Hassan-Nahoum, bezeichnete die Gedenkarbeit der Marsch des Lebens Bewegung als beispiellos. “Ihr korrigiert etwas, das so falsch war, mit so viel Liebe und Einfühlungsvermögen”, sagte sie. Jedes Jahr von Neuem sei sie stolz, den Marsch willkommen heißen zu dürfen. Der Präsident der Jewish Agency Doron Almog wandte sich in einer Videobotschaft an die Teilnehmer. Der Marsch des Lebens beschränke sich nicht auf Solidaritätsbekundungen, sondern zeige Taten.

Zahlreiche weitere Redebeiträge wurden von Musik und Tanz umrahmt. Die Band Be’er Sheva und die Tanzgruppe YC Dance kamen aus Tübingen/Deutschland, wo die Märsche des Lebens 2007 entstanden sind. Der israelische Musiker Yair Levi trug sein Lied „Refa Na“ (“Heile sie”) zusammen mit einem deutschen Teilnehmer vor. Ursprünglich habe er es für seine Großmutter geschrieben. Eine deutsche Übersetzung als Zeichen der Heilung zwischen dem deutschen und dem jüdischen Volk habe ihn anfangs befremdet. Friedhelm Chmell, der Übersetzer seines Liedes, ist ein Nachfahre von Nazis. Sein Großvater organisierte die Deportation der Juden von Antwerpen. Die Freundschaft von Yair und Friedhelm steht für Versöhnung durch Wahrheit.

Weitere Nachfahren von Nazitätern berichteten von der Beteiligung ihrer Familien am Holocaust. Nach der Auseinandersetzung mit der Wahrheit über ihre Familiengeschichten wollen sie nicht mehr schweigen. Mehrere Hundert reisten aus verschiedenen Städten Deutschlands an. Umfragen zufolge glauben die meisten Deutschen, dass unter ihren Vorfahren eher Opfer als Täter waren. Außerdem glaubt jeder Fünfte, die Familie hätte Juden im Nationalsozialismus geholfen. Wer nachforscht, trifft auf eine ganz andere Realität. Die gute Archivlage in der Bundesrepublik erlaubt tiefe Einblicke in das dunkelste Kapitel der Geschichte. Nahezu jede deutsche Familie war aktiv darin verstrickt. Die deutschen Teilnehmer sprechen offen über die konkreten Taten ihrer Vorfahren. Sie übernehmen Verantwortung und bitten um Vergebung für das eigene teils jahrzehntelange Desinteresse und Schweigen.

Andere Teilnehmer kamen aus den USA, der Schweiz, Österreich, Polen und Ungarn. Auch aus China und der Dominikanischen Republik sind rund 150 Personen extra für den Marsch nach Israel gereist. Während einer Konferenz im Vorfeld thematisierten sie gemeinsam das Schweigen in ihren Familien, Kirchen, Städten und Ländern. Viele von ihnen führen in ihren Heimatländern bereits jährlich anlässlich von Jom HaSchoa Marsch des Lebens Veranstaltungen durch. In Zeiten von wachsendem Antisemitismus und Israel unter Beschuss ist es besonders wichtig, dass die Erinnerung an die Vergangenheit und die Freundschaft zu Israel nicht passiv und unsichtbar bleiben. 

Am Schluss verkündeten Vertreter aus Burundi, Paraguay, Peru, China, der Türkei, Weißrussland, der Ukraine, Indonesien, Großbritannien und Polen in ihren jeweiligen Sprachen ihre unverbrüchliche Freundschaft zu Israel: “Israel, du bist nicht allein!”

Insgesamt sind es Zehntausende Menschen, die weltweit das Schweigen brechen und andere dazu motivieren. In Jerusalem gingen sie gemeinsam auf die Straße als wirkmächtiges Zeichen gegen Antisemitismus und für Israel. 

Der Marsch des Lebens geht auf eine Initiative von Jobst und Charlotte Bittner aus Tübingen zurück und begann mit einem Gedenkmarsch von der Schwäbischen Alb nach Dachau. Seither haben Märsche in hunderten Städten in mehr als 25 Nationen stattgefunden. Unter dem Motto “Erinnern – Versöhnen – ein Zeichen setzen” will der Marsch des Lebens Holocaustüberlebenden eine Stimme geben, Versöhnung zwischen den Nachkommen der Täter und der Opfer ermöglichen und ein klares Zeichen gegen modernen Antisemitismus und für Israel setzen. Vor fünf Jahren nahmen 6000 Menschen am ersten March of the Nations durch Jerusalem teil.

Weitere Informationen unter:

https://marschdeslebens.org/

https://marchofthenations.com/he/

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