Die Jüdisch-Christliche Begegnungs- und Kulturwoche feiert seit 2012 jährlich die jüdische Kultur mit Konzerten, Lesungen und dem traditionellen Dreidelspiel. Sie bietet aber auch Raum für kritische Themen wie Antisemitismus und die Erinnerung an den Holocaust. Die Chanukka-Tage sind Ausdruck dafür, dass jüdisches Leben zu Deutschland gehört und in Tübingen und der Region öffentlich gewürdigt wird.
Höhepunkt der diesjährigen Chanukka-Tage war die Deutschlandpremiere des Musicals „Exodus 1947 – Ein Schiff schreibt Geschichte“, die in Tübingen von rund 500 Menschen vor Ort und weiteren 1.000 online verfolgt wurde. Das bewegende Stück erzählt die Geschichte des Flüchtlingsschiffs „Exodus 1947“, das mit 4.500 Holocaust-Überlebenden an Bord von Frankreich nach Palästina segelte. Das Musical beleuchtet die Hoffnungen der Passagiere auf ein neues Leben und einen eigenen Staat, aber auch die Hindernisse, auf die sie stießen, als das Schiff von der britischen Marine gestoppt wurde. Mit emotionaler Musik, eindrucksvollen Szenen und historischen Bezügen zog die Aufführung das Publikum in ihren Bann. Besonders lebendig wurde das Musical durch die Zeitzeugin Rachel Fletcher, die per Video aus Israel zugeschaltet wurde und berichtete, wie sie als Kind die Überfahrt mit dem Schiff Exodus erlebte. Auch die Holocaust-Überlebenden Assia Gorban aus Berlin und Mina Gampel aus Stuttgart waren während der Veranstaltung anwesend.
Neben dem Musical boten die Chanukka-Tage weitere Veranstaltungen, die wichtige historische und kulturelle Perspektiven eröffneten. Der Vortrag „Zwischen Asche und neuer Zukunft 1945-1948“ nahm die Teilnehmenden mit in die schwierigen Jahre nach dem Holocaust. Er zeigte, wie die Überlebenden nach der Shoah zwischen Trauer und Hoffnung einen Neuanfang wagten und wie die Nachkriegsjahre von der Suche nach Identität, Heimat und einer neuen Perspektive geprägt waren.
Besonders eindrucksvoll war auch das Zeitzeugengespräch für Jugendliche und Studenten, das einen direkten Dialog mit der Holocaust-Überlebenden Assia Gorban ermöglichte. Die Jugendlichen konnten ihre persönliche Geschichte hören, Fragen stellen und so einen tiefen persönlichen Bezug zu dieser wichtigen Phase der Geschichte herstellen. Die Gespräche sensibilisierten die Teilnehmenden für die Bedeutung der Erinnerung und die Notwendigkeit, Antisemitismus in der Gegenwart zu bekämpfen.
Chanukka, das „Lichterfest“, erinnert an ein Wunder aus der Zeit der Makkabäer. Nach der Befreiung Jerusalems und der Wiedereinweihung des Tempels fanden die Juden nur einen kleinen Krug mit reinem Öl, das für den Leuchter des Tempels nur einen Tag gereicht hätte. Doch das Öl brannte acht Tage lang – ein Zeichen der Treue Gottes und ein Symbol der Hoffnung und des Widerstands. Dieses Wunder wird bis heute gefeiert, indem acht Tage lang Kerzen am Chanukkaleuchter entzündet werden.